Das Erstgespräch (Anamnese)
Die homöopathische Behandlung beginnt mit der Erfassung der kompletten Krankengeschichte (Erstanamnese), die - vor allem bei chronischen Erkrankungen - ca. ein bis zwei Stunden dauern kann. Sowohl
für die Anwendung der Homöopathie wie auch bei allen anderen ganzheitlichen Behandlungsmethoden ist dieses ausführliche Erstgespräch zwischen Patient und Therapeut von großer Bedeutung für die
Behandlung.
Dabei werden alle Ebenen des menschlichen Seins berücksichtigt: Körper – Seele, Geist.
Viele diese Fragen erscheinen ungewöhnlich und setzen eine gute Vertrauensbasis voraus. Je ruhiger und entspannter die Atmosphäre während der Anamnese ist, desto einfacher ist es, aufmerksam und konzentriert alle diese Aspekte zu beleuchten.
Das so gewonnene Bild zum Zustand des Patienten wird in Ähnlichkeit mit der Wirkung eines geprüften homöopathischen Arzneimittels gesetzt. Eine homöopathische Verschreibung bezieht sich also immer auf die spezifischen, individuellen Symptome und Wahrnehmungen eines Patienten. Die Verordnung eines Arzneimittels erfolgt nie gegen eine Erkrankung, sondern immer entsprechend den individuellen, facettenreichen Symptomen des erkranken Patienten (Ähnlichkeitsprinzip).
Hat man die Theorie der Homöopathie verstanden, ist man noch kein Homöopath, wie Hahnemann es am Ende seines Lebens gemeint hat. Nach dem Studium eines Lehrbuchs der Homöopathie sieht die homöopathische Tätigkeit sehr einfach aus, und man wundert sich, warum die Homöopathen nicht einer Meinung sind. Erst die ernstgemeinte Ausübung der homöopathischen Praxis öffnet einem die Augen für das Ausmaß der Arbeitsleistung, die man aufbringen muss, um im Laufe der Zeit ein solcher "Vollhomöopath" zu werden.
Dr. Georg von Keller, 1993